„Was hast du vor in Berlin?“. Sophie lebt seit drei Jahren in Berlin und wollte mir unbedingt bei der Gestaltung meiner fünf Tage in Berlin helfen. „Du wirst doch sicher das Centrum Judaicum an der Oranienburger besuchen wollen. Dort findet gerade eine Ausstellung statt über die Kunstsammlungen, die den Juden im Dritten Reich geraubt wurden. Und in der ‚Topographie des Terrors’ ist eine Ausstellung über Adolf Eichmann zu sehen. Morgen könnten wir zusammen das ‚Denkmal für die ermordeten Juden Europas’ aufsuchen. Du wirst sehen, das Gelände mit seinen 2500 Betonquadern lässt niemanden unberührt. Falls du magst, komm’ ich mit dir mit auf eine Führung durch den jüdischen Friedhof in Weissensee, er ist der grösste jüdische Friedhof in Europa, du wirst staunen!“. „Ich weiss nicht, Friedhof?“, gab ich zur Antwort. „Im jüdischen Museum“, fuhr Sophie fort, „findet gerade eine Ausstellung statt über die jüdische Geschichte im deutschsprachigen Raum. Und wenn du am Prenzlauer Berg bist, vergiss die Synagoge an der Rykestrasse nicht, die ist ein Must!. Und dann noch: Im ‚Deutschen Theater’ zeigen sie Judith Herzbergs ‚Über Leben’ zum allerersten Mal in der ungekürzten Fassung, die Trilogie handelt von der Rückkehr der überlebenden Juden aus den Konzentrationslagern nach Holland. Ich kenne die Pressesprecherin des Theaters, wir könnten für den Mittwoch Karten bekommen. Im Brecht Haus an der Chauseestrasse wird übrigens diese Woche das Buch über die letzten deutschsprechenden Juden in Montreal von Verena Stefan vorgestellt. Sie ist Schweizerin, das interessiert dich doch sicher!“. Sophie hatte eine Liste von Orten und Veranstaltungen vorbereitet, die mich interessieren müssten. „Schau her, das Buch ist für dich“, sie schob mir im Café Einstein das Buch ‚Das jüdische Berlin’ über den Tisch zu. Und gleich dazu noch den Roman ‚Bebelplatz’ des israelischen Autors Chaim Be’er, der von den Bücherverbrennungen handle. Ich muss Sophie masslos enttäuscht haben. Ich bin auf einem Mietrad dem Landwehrkanal und der Spree entlang geradelt, ich habe über die vielen Jogger in Kreuzberg gestaunt, habe Bocciaspielern zugeschaut, die Sonnenbader auf den Wiesen an der Spree gesehen und bin im Görlitzerpark spazieren gegangen. Das Schönste an der Stadt waren die Stunden am Wasser im Café ‚Freischwimmer’, wo ich mich mit Berlinern und Zugezogenen über die Stadt unterhalten konnte. Ich habe nicht einmal die Stolpersteine gesehen, die Sophie mir so sehr ans Herz gelegt hatte. Die Liste der Stolpersteine habe ich ebenso aus Versehen im Hotelzimmer liegen gelassen wie das Buch „Das jüdische Berlin“.
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Today Israelis mark 50yrs anniversary of the trial of Adolf Eichmann for his part in the Holocaust I hate Germans yeah. I said it. Blanca Moody
Schade, dass dieser Mensch nicht offen ist für diese eine Seite der deutschen Geschichte. Es ist schon so: Berlin ist voll von lauter Stolpersteinen zur jüdischen Tragödie in der Zeite des Dritten Reichs. Wer sich ihnen verweigert, will der Geschichte nicht ins Auge blicken. Jörg H.