Helga und ich waren vier Jahre lang ein Paar. Helga kam aus Linz. Und wir lernten uns in Bregenz kennen. Drei Jahre haben wir zusammen gewohnt. Irgendwann war die Freundschaft dann vorbei. Helga zog aus. Und dann zog ich weiter. Zwei- bis dreimal im Jahr schickt mir Helga eine SMS. „Gruss von Achim, den ich traf – und von mir aus Athen. H.“. Achim? Ich kenne keinen Achim. Oder: „In Triest Claudio Magris bei einer Lesung erlebt. Toll! Grüsse dir. H.“. Ich musste zunächst im Netz nachschauen, wer dieser Claudio ist. Ich weiss nie, was ich mit H’s Grüssen aus der Ferne tun soll. Mir fällt auf, dass sie stets von weit her kommen, immer aus ganz besonderen Orten. Helga und ich waren weder in Athen noch in Triest zusammen. Seit geraumer Zeit antworte ich jeweils mit einer Verspätung von einigen Stunden und bedanke mich für die Grüsse: „Deine SMS erreicht mich in Narvik, wo ich eine Woche weile“. Oder auch: „ Gruss auch dir, bin in Haaparanta, kalt ist’s hier im Norden auch im Sommer, wenn auch nachts hell“. Als ich vor einem halben Jahr aus Kiruna mit einem Gruss von Sven Haldersson reagierte, kam ein Dank zurück. Haldersson aber gibt es nicht. Bevor ich antworte, muss ich jedesmal im Atlas einen geeigneten Ort aussuchen. Meine SMS-Grüsse kommen vorderhand noch stets aus dem Norden Europas.
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Letzthin hab ich eine sms geschrieben. Von Perth. Während eines Aperos. Ulf sass neben mir. Und liess Grüße ausrichten, an meinem Freund. Den wähnte ich in Deutschland, er antwortete jedoch aus Hammerfest. Und ich stellte mir vor, wie es wäre, sässe ich noch im Nachthemd auf meinem Bett und wüsste, mein Zug führe in einer Stunde, nach Wohlen, zum Beispiel. Da nahm ich rasch einen Schluck Prosecco, in Perth. Und war froh, in Australien zu sein. Ulf fragte, was machst du für ein Gesicht. Mir ging die Frage nicht mehr aus dem Sinn. Was mich so sicher meinen lässt, zu wissen, wo ich mich im Moment wirklich befinde. War ich tatsächlich in Perth und froh, nicht nur nach W. zu fahren? Oder sass ich in einem kleinen Zimmer in einem unbekannten Dorf und träumte nur von der grossen Welt? In der es eben Mittag war und Zeit für einen Apero? Meine Hand griff nach Ulf. Doch der war nicht mehr da. Da piepste mein Handy. Ein Gruß von meinem Freund. Aus Berlin. Ehrlich, meinte er. Aber war es wirklich er, der mir da einen Gruß schickte? Vom Flughafen? Und wenn nicht er? Wer dann?