Fünfzig Jahre nach dem Wegzug von Amsterdam fällt mir unsere Telefonnummer von damals immer noch ein: zeven twee acht een zeven zes. Wenn ich heute die Amsterdamer Vorwahl 0031 20 einstelle und anschliessend die Telefonnummer von früher, kommt eine automatische Ansage in vier Sprachen , wonach die gewählte Nummer nicht gültig sei. Kein Wunder, sind doch die Telefonnummern in Amsterdam seit langem schon achtstellig. Wenn ich in Amsterdam zu Besuch bin, begebe ich mich jedes Mal an die Valeriusstraat. Ich stehe vor dem Haus Nummer 58h, schaue mich um und erinnere mich an die Schulfreunde und Nachbarskinder. Schräg gegenüber wohnten Boudewijn und Gerbrand. Und gleich nebenan die beiden Brüder van Dantzig. Drei Häuser weiter wohnte Tessa, deren Mutter eine Schweizerin war. Was wohl aus Marijke geworden ist? Das kleine Schild an der Hausmauer mit der Aufschrift „Geen poep op de straat“, ist nicht mehr da. Und seitdem am Trottoirrand Fahrradständer montiert wurden, ist die Tafel „Geen fiets tegen de raam“ überflüssig geworden, auch wenn sie nicht entfernt wurde. In all den Jahren seit unserem Umzug habe ich dreimal die Klingel an der Eingangstür betätigt. Und jedesmal durfte ich die Wohnung betreten, durfte durch die Wohnung von damals gehen. Ich kann mich noch gut an die Familie Vermeulen erinnern, die mich zu einem Kaffee eingeladen hat. Zwei Familien haben nach den Vermeulens hier gewohnt. Beim letzten Versuch, erzählte mir eine Nachbarin, die mich vor dem Haus ansprach, dass hier vor kurzem ein junges Paar eingezogen sei. Ich weiss, dass aus dem früheren Elternschlafzimmer mit den Jahrzehnten ein Esszimmer geworden ist, das Schlafzimmer hatten Vermeulens in den ersten Stock verlegt. Als ich vor kurzem zufällig eine Fotografie von der Valeriusstraat in einer meiner Umzugsschachteln im Keller fand, habe ich eine Liste all jener Adressen erstellt, an denen ich seit meiner frühen Kindheit gewohnt habe. Achtzehn Adressen sind mir eingefallen. Und was mich besonders überrascht hat: Zu jeder Adresse mit einer Ausnahme ist mir auch die jeweilige Hausnummer eingefallen. Ich habe in meinem Bilderarchiv nachgeschaut und gesehen, dass ich von zehn dieser Wohnadressen sogar noch Fotos besitze. Das Haus an der Sonnenhaldenstrasse, an dem ich kürzlich vorbeiging, sieht ziemlich heruntergekommen aus. Und ob das Haus an der Giselastrasse noch steht, weiss ich nicht. Kürzlich hielt ich an der Melchtalstrasse an, um ein Bild vom Haus Nummer 3 zu machen, aus dem wir vor 32 Jahren weggezogen sind. An der Glockentafel steht noch ein Name von früher. Ob sich die Nachbarin von damals noch an mich erinnert hätte?
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