Weihnachtslieder

Sie möchten nicht nur Fahrkarten knipsen und Auskunft über den Grund der vielen Zugverspätungen erteilen müssen. Sie können mehr als den Namen des nächsten Bahnhalts in Französisch und Englisch ankündigen. Auch die Ansage, auf welcher Seite am nächsten Bahnhof der Ausstieg sei, ist ihnen zu langweilig. Und sie mögen es gar nicht, wenn man ihnen nachsagt, sie würden nicht viel mehr tun als bloss von einem Waggon zum nächsten gehen. Die Zugbegleiter, Bahnschaffner und Kondukteure der französischen Bahnen haben sich zu Interessengruppen zusammengeschlossen. Da gibt es diejenigen, die so schön vorlesen können: Sie lesen Kindern und ihren Eltern Geschichten vor, mit Vorliebe Zugsgeschichten, die sie selber geschrieben haben. Geschichten von liegengelassenen Mänteln, von Reisenden in falschen Zügen und von Bahnhöfen, an denen die Züge vorbeigefahren sind. Andere Schaffner geben am Wochenende in den Fernzügen Fussballresultate durch und fassen Spielberichte zusammen, die sie in ihrem Zugsbegleiterabteil im Internet gelesen haben. In den grenzüberschreitenden Zügen erteilen neuerdings die Kollegen von der Sprachengruppe in den Zügen von Frankfurt nach Paris oder von Amsterdam nach Paris Sprachunterricht: Endlich können Deutsche und Niederländer die richtige Verwendung des Subjonctif und des Passé simple üben und auffrischen. Bei den älteren Bahnreisenden am beliebtesten sind aber die Mitglieder der Eisenbahnerchöre: Bei jedem Halt steigen die Schaffner aus, stellen sich auf dem Bahnsteig hin und singen alte französische Volkslieder, wobei sie darauf achten, Lieder jener Region zu singen, in welcher der Zug gerade hält. Und weil der Gesang alleine nicht immer so rein ist, lassen sie sich über ihre Handys und mit Hilfe einer speziellen Liederapp musikalisch begleiten, die über Bluetooth mit den Aussenlautsprechern der Züge verbunden sind. Gerade jetzt in der Adventzeit kommen die singenden Eisenbahner mit den Weihnachtsliedern bei den Reisenden so gut an.

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