WiFi Zone

Sie sitzt draussen vor dem Café. Seit einer Stunde ist er drinnen. Er sitzt an einem der Bildschirme, er muss seine Mails checken, hat er ihr erklärt. Er hat zwar sein Handy dabei, er könnte seine Mails auf dem Handy lesen, er hat es vielleicht sogar getan, aber das Beantworten der Mails auf dieser kleinen Tastatur ist mühsam. Oder ist es vielleicht das Herunterladen der Daten? Oder sucht er etwas, das sich mit dem Smartphone so nicht finden lässt? Sie sitzt draussen und hat die Passanten schon zur Genüge beobachtet, Durst hat sie keinen mehr, sie schaut durch die hohen Glasfenster nach drinnen, er sieht, dass sie ungeduldig ist, und er gibt ihr mit einer Geste zu verstehen, dass er nicht mehr lange haben wird. Und doch vergehen wieder fünfzehn Minuten. Wie sie dieses Wort hasst: WiFi Zone. Wie sehr sie das Wort „wireless“ hasst. Immer wenn sie in der Ferienzeit unterwegs in einer fremden Ortschaft sind, sieht sie, wie er unruhig nach diesen beiden Begriffen sucht. Er ist süchtig, sie weiss es. Was kann es sein, das ihn an diese Bildschirme zieht? Sie kann es nicht nachvollziehen, sie kennt diese Sucht nicht. Manchmal geht sie spazieren, entdeckt neue Läden während er seine Mails checken muss. Oder sie sitzt in einem anderen Bereich eines dieser Cafés und liest und wartet auf ihn. Er muss die Börsenkurse verfolgen. Es sei eine schwierige Zeit, sagt er. Auch sie findet es eine schwierige Zeit. Er muss Wertpapiere veräussern und andere kaufen, sagt er. Sie versteht nichts von diesen Geschäften, die für sie beide so wichtig seien. Sie sind für ihn wichtiger als sie für ihn ist, findet sie manchmal. Sie hat es ihm auch schon gesagt, aber es sieht es anders. Es ist für uns beide wichtig, sagt er dann. Und sie sitzt draussen vor der kleinen Cafébar und wartet darauf, dass er endlich soweit sei. Er gibt ihr ein Zeichen, streckt drei Finger in die Höhe, drei Minuten noch. Sie kennt das. Und es werden mehr werden. Er hat sie so erzogen. Oder abgerichtet. Als sie nach einer geraumen Zeit nochmals durch die grosse Fensterscheibe nach innen schaut, sieht sie ihn nicht mehr. Sie geht hinein, begibt sich zum Bildschirm vor dem er sass, eine endlos lange Folge von Zahlen sieht sie, Zahlen, die ihr nichts bedeuten. Er aber ist weg. Sie wartet noch eine Weile, eine Viertelstunde, eine halbe, das ist noch nie vorgekommen. Er ist weg und sie fühlt sich auf einmal erleichtert.

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