Die Zeit der Schreibmaschinen ist zwar längst vorbei. Und dennoch bieten höhere Schulen immer noch Schreibmaschinenunterricht an. Denn wer am Computer schreibt und das Zehnfingersystem beherrscht, ist besser dran, der kann schneller und fehlerfreier schreiben. „Tastaturschreiben“ heisst das Fach heute. Nicht allen Gymnasiasten und Sekundarschülern, die das Fach belegen, leuchtet ein, dass der Unterricht an den Computertastaturen sinnvoll ist. Und nicht alle, die am Tastaturschreibunterricht teilnehmen, werden auch wirkliche Schnellschreiber. Adrienne Pitteloud, pensionierte Tastaturschreiblehrerin am Lycée Denis-de-Rougemont in Neuchâtel, hat in den 50er Jahren mehrmals an den Europameisterschaften in Tastaturschreiben teilgenommen. Sie erinnert sich an Alina Petuchowa aus Baku, Europameisterin im Schreibmaschinen-Wettbewerb 1956, die unerhört schnell an der Schreibmaschine schreiben konnte. Und doch entbehrt die Geschichte, an die sich Adrienne Pitteloud erinnert, nicht einer gewissenTragik: Petruchowa wurde der Meistertitel wenige Stunden nach dem Contest aberkannt: Sie hatte an jeder Hand sechs Finger! Während des Wettbewerbs hatte niemand bemerkt, dass sie im Zwölffingersystem schreiben konnte! Dazu findet sich im letzten Heft von „Sinn und Form“ unter Harald Hartungs „Aufzeichnungen“ die folgende Beobachtung: „Ein Besucher im Amsterdamer Rijksmuseum hat entdeckt, daß eine Frau auf einem Bild von Jan Steen sechs Zehen an einem Fuß hat. Während der letzten dreihundert Jahre sei das niemandem aufgefallen, sagte eine Sprecherin des Museums. Konservator Guido Jansen glaubt sogar, daß der sechste Zeh ein Flüchtigkeitsfehler ist. Glücklich der Betrachter, der den sechsten Zeh findet. Der sechste Zeh – ihn gibt es in jedem besseren Bild.“ Dazu weiss die regelmässige Sinn-und-Form-Leserin Erna Reichert aus Radolfzell zu berichten: „Das ist ein erbbarer Gendefekt. Viele, sogar sehr viele Menschen werden mit 6 Fingern an den Händen, oder mit 6 Zehen an beiden Füßen geboren. Eine Nachbarin und Freundin von mir hatte auch ein Baby mit 6 Fingern an beiden Händen“.
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Ich habe nachgezählt: Es sind links und rechts an der Hand nur 5 Finger… Nun, auch so ist das Tastschreiben schwer genug, wenigstens wenn ich meine zahlreichen Fehler anschaue. Ich habe mir das Schreiben auf der Schreibmaschine, einer Hermes Baby, selbst mit einem Lehrbuch beigebracht. Ich brauchte das Schreibmaschinenschreiben für meinen ersten Büro-Job. Ich arbeitete im Dorf bei einem Maler. Im Sommer schrieb ich Rechnungen für ihn, was das Zeug hielt. Er liess das Büro gern ruhen und wartete auf mein Kommen. Wir waren oft zusammen in einem Opel Rekord unterwegs, um die Masse der gestrichenen Flächen aufzunehmen. Multipliziert habe ich die langen Listen von Länge mal Breite ohne Maschine – aber immer mit Neunerprobe. Die Rechnungen entstanden mit Durchschlägen auf einer klapprigen Olivetti. Ja, Tipp-ex gab es – und ich brauchte manches Briefchen von den kleinen Blättchen. Herrlich war es jeweils, mit einem neuen Farbband die Arbeit anzufangen. Tempi passati. Schöne Zeiten waren das Anfang der Siebziger des letzten Jahrhunderts oben im Dachstock bei brütender Hitze, umweht von einem schweren Duft nach Terpentinöl.